15.05.22

HowTo: Ein eigener Lötworkshop


Ihr wollt euren eigenen Lötworkshop starten oder euren eigenen Lötworkshop verbessern? Wir selbst veranstalten viele Lötworkshops im Jahr und haben schon etwa 8500 Menschen das Löten beigebracht. Was wir da gelernt haben und welche Tipps und Tricks es gibt zeigen wir euch hier.


Der Lötarbeitsplatz

Für einen einfachen Lötarbeitsplatz wird nicht viel benötigt:

  • Lötkolben/Lötstation: Die Station/Der Kolben brauchen nicht top-modern oder neu sein. Es reicht die Kategorie 20-30€. Du kannst dir auch einfach eine Station oder Lötkolben von anderen Hackspaces/Freunden/Mint-Labs ausleihen. Alternativ geht auch "bring your own device".
  • Lötzinn: Am besten 0,5mm bis 1mm unverbleites Lötzinn. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit „Felder Iso-Core EL SN95,5AG3,8Cu0,7“ bzw. „Fairlötet“ (gibt es wohl leider nicht mehr) gemacht. Verbleites Lot sollte für Lötworkshops nicht mehr verwendet werden!
  • Unterlage: Eine feuerfeste Unterlage mind. DIN A4 groß (z.B. Holzbrett, Silikonunterlage oder (zerschnittene) ESD-Matte)
  • Seitenschneider: Kleiner Seitenschneider oder Elektronikschneider. Wir haben die Erfahrung gemacht: Wer billig kauft, kauft fünfmal. Elektronikseitenschneider gehen nur wenn du auch wirklich nur sehr sehr dünnen Draht/Beinchen hast. Sobald mal Schmuckdraht, dickerer Kupferdraht geschnitten wird, gehen die schnell in die Knie. Wir sind mittlerweile auf große dicke Seitenschneider von einer bekannten Marke umgestiegen.
  • Schutzbrille: Eine Standard Schutzbrille z.B. aus dem Chemiebaukasten oder Werkunterricht. Weniger wichtig beim löten, aber beim abknipsen von Beinchen oder Draht fliegt gerne mal ein Stück durch die Luft.
  • Lötrauchabsaugung: Wenn du hast, eine spezielle Lötrauchabsaugung. Wir haben den Humo TODO im Angebot. - Erwachsener: Bei Kindern muss ein Erwachsener bzw. Aufsichtspersonal dabei sein.
  • Dritte Hand: Ein Hilfsmittel zum halten von Bauteilen und Platinen. Oft echt praktisch.
Optional - Nicht unbedingt nötig, aber oft praktisch und wenn es da ist wird es meist auch genutzt:

  • Pinzette: Eine Pinzette mit feinen Spitzen, mit der Du die Bauteile beim Löten festhältst. Bei SMD-Bauteilen nicht optional und unverzichtbar. Wir verwenden ein günstiges 12er Pinzettenset. Ideal sind natürlich die teuren, die verbiegen nicht so leicht.
  • Klebestreifen: Standard Klebestreifen. Kreppband geht auch, Panzertape klappt nicht gut. Bei SMD-Bauteilen stark zu empfehlen. Damit kann man die Platine auf die Unterlage pappen bzw. Chips gut aufnehmen und platzieren.
  • Entlötlitze: Spezielle Kupferlitze zum entlöten (~2€ im Internet). Wird aber eher selten gebraucht 
  • Entlötpumpe: Eine spezielle Pumpe zum abpumpen von zu viel Lötzinn. Nur praktisch wenn du schonmal damit gearbeitet hast. Ansonsten reicht Entlötlitze.
  • SMD-Spitzen: Sollte dein Lötkolben austauschbare Spitzen haben, wäre eine feinere SMD Spitze toll für die SMD-Workshops.

Allgemeines Material für den Lötworkshop

Ansonsten brauchst der Lötworkshop noch Folgendes. Nicht für jeden Arbeitsplatz aber es sollte ausreichend zur Verfügung stehen.

  •  Gutes Licht: Eine helle gute Lampe am besten pro Arbeitsplatz. IKEA Lampen mit Warmweißer LED-Birne reicht vollkommen aus.
  • Strom bzw. Steckerleisten für alles: Pro Arbeitsplatz rechnen wir mit bis zu 3 Steckdosenplätzen, dann reicht es locker für alle. Denk dran, nicht alles auf einer Phase anzustecken ;).
  • Ein Feinmechaniker Schraubenzieher-Set: Manche Bausätze brauchen das.
  • Multimeter: Für das Debugging und bei manchen Bausätzen mit bedrahteten Widerständen sehr praktisch. Praktsich auch um ein wenig den Umgang damit zu lernen. Hier reicht wieder die 30-50 Euro Kategorie.

Auch für den Allgemeinen Teil sind ein paar Sachen optional, aber immer praktisch:

  • Osziloskop (und jemand der damit umgehen kann ;)): Selbsterklärend und für tieferes debugging manchmal praktisch, allerdings reicht das Multimeter in 99% der Fälle aus.
  • Mikroskop: Egal ob digital oder analog. Ein Mikroskop fürs debugging ist immer sinnvoll. Das kriegt man meist irgendwo geschenkt, viele Organisationen, Kliniken und Co tauschen die des öfteren aus.

 Außerdem wenn ihr einen digitalen Lötworkshop macht:

  • Handkamera / Handykamera: In der Videokonferenz fürs bessere Zeigen und auch für die Teilnehmer zum zeigen des Fehlers
  • Ein Digitales Mikroskop: Zum noch besseren zeigen

Der Lötbausatz / Das Lötprojekt

Na klar hier sind wir spitze und wir würden euch gerne unsere Bausätze ans Herz legen, aber auch andere Projekte mit Arduino und Co sind super. Den Lötbausatz bzw. das was gelötet/gebastelt/gesteckt werden soll, solltest du dem Besucherkreis anpassen.
Soll es Anspruchsvoll werden und sollen insbesondere die Kenntnisse im SMD-Löten vertieft werden eignen sich komplexere SMD-Bausätze. Soll dazu programmiert werden? Hier umbedingt die Zeit im Auge behalten oder einen zweistufigen Workshop machen. Ganz wichtig natürlich: Bau dir vorher einen Lötbausatz auf und löte selbst um die kniffe und tricks zu kennen (und vor allem die Anleitung ;)).
Wenn du einen größeren Workshop planst, plan immer ein paar mehr Bausätze ein, es gibt immer ein paar Verpeiler oder es geht mal was kaputt. Wenn du Ersatzteile benötigst, gib uns vorher Bescheid, wir wissen was kaputt/verloren geht und können euch was extra mitgeben.

Welcher Bausatz passt zu meinem Workshop?

Ich hab das ganze Mal in einem eigenen Artikel zusammengefasst: Entscheidungshilfe: Welcher Lötbausatz passt zu mir?

Die Vorbereitung

Bei regelmäßigen Lötworkshops hilft es oft, wenn die Teilnehmer ihren Arbeitsplatz selbst aufbauen müssen, das spart viel Zeit beim auf und abräumen und die Teilnehmer werden sich klar, was sie für Tools haben. Ansonsten die üblichen Verdächtigen:
  • Teste dein Equipment: Wird der Lötkolben heiß? Versuch etwas Lötzinn damit zu schmelzen
  • Hat das Multimeter volle Batterien? Funktioniert das Oszi und das Mirkoskop?
  • Arbeitsplatz aufbauen
  • Besorge dir Batterien oder Akkus (je nachdem welcher Lötbausatz gelötet wird). Günstige Quellen für CR2032 sind IKEA, Baumarkt oder Internet

Die Spickzettel und Anleitungen

Unverzichtbar sind natürlich die Anleitungen. Wir nutzen dazu einerseits die klassischen Anleitungen A4 als PDF. Du musst die Anleitungen dabei nicht ausdrucken, das spart etwas Papier, aber wenn du die Lötworkshops öfter machst, ist es doch mal praktisch. Die Anleitungen können ja einfach wiederverwendet werden. So oft passen wir diese nicht an.
Außerdem haben wir bei vielen Bausätzen auch ein Interaktives Board. Darauf zu sehen ist die Platine mit allen Bauteilen und man kann z.B. abhaken welche Bauteile bereits verlötet sind, wo verlaufen die Leitungen auf der Platine? Wo werden Die Bauteile platziert? Einfach mit dem Mauszeiger drüber und das Interactive Board zeigt alles an. Einziges nötiges Tool: Ein Browser.
Eine Übersicht aller Anleitungen und verfügbaren interaktiven Boards findest du hier: Anleitungen für den Lötworkshop
Neben der Anleitungen haben wir auch noch zwei Spickzettel für THT und SMD gestaltet. Die kann man den Teilnehmern einfach mitgeben :).

Während dem Lötworkshop

Grundsätzlich kommt es jetzt ein wenig auf deine Vorlieben an. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht den Lötlingen zunächst auf dem Beamer, oder an einem Arbeitsplatz das Löten zu zeigen. Man kann dann auf Feinheiten am Bausatz hinweisen und kann dann auch die Spickzettel austeilen. Danach sollen sich die Teilnehmer die Anleitung anschauen und los legen. Lerning by doing.
Nicht so gut Erfahrungen haben wir mit Schritt für Schritt-Lehren gemacht. Also ein Schritt gemeinsam nach dem Anderen und alle gleichzeitig den nächsten Schritt.

Fehlersuche und Debugging

Nach einiger Zeit werden einige fertig sein, bei ein paar ist immer ein wenig debugging nötig. Da hilft leider nichts als Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung. Wir versuchen die typischen Fehler zu sammeln und zu veröffentlichen. Grundsätzlich aber immer logisch vorgehen:
Leuchtet nichts? Schau dir die Batterie an. Bei den SMD-Batteriehaltern werden oft beide Klemmen nach unten gedrückt. Eine muss nach oben auf Plus greifen. Vielleicht aber auch ein Kurzschluss? Eine LED verkehrt herum eingelötet (bei den RGB-LEDs sieht man leicht durchschimmernd die Pfanne, die sich nur auf einer Seite befindet).
Leuchten einzelne LEDs nicht? Stimmt der Takt nicht? Schau dir die LED-Beinchen an. Stimmt die Richtung? Sind an den ICs alle Beinchen aufgelötet? Im Zweifel nochmal mit dem Lötkolben drüber.
Es lohnt sich immer die Platine gemeinsam mit dem Lötling unter dem (digitalen) Mikroskop anzusehen.

Fazit

Ein Lötworkshop ist eine wirklich Low Hanging Fruit wenn es darum geht junge Menschen für MINT-Dinge zu begeistern. Die Bausätze sind nicht all zu teuer, es ist nicht viel nötig und die Kenntnisse kann man auf so viele andere Bereiche in seinem Leben anwenden. Noch dazu gibt es ein kleines Nettes Teil zum auf den Schreibtisch stellen.
Wenn euch etwas fehlt, wenn ihr Hilfe braucht, scheut euch nicht uns eine Email zu schreiben! Ansonsten einfach machen! Auch wenn nicht alles perfekt ist, oder es das erste Mal ist. Probiert euch aus und habt Spaß!